„In der Moderne haben Unternehmen die Rolle der Höfe als Kunstförderer übernommen.“
März 2018
Dr. Karen Michels
Inhaberin Agentur für Kunstverstand
Bis zur französischen Revolution war die Produktion von Kunst im Wesentlichen an den Hof und die Kirche gebunden. „Entscheider“ wie Könige und Fürsten, Päpste und Kardinäle bestellten bei den Künstlern Werke, die ihre politischen Interessen, ihr Repräsentationsbedürfnis und ihre dynastischen Ansprüche in besonderer Weise - nonverbal und damit umso wirkungsvoller - zum Ausdruck brachten.
Die Gruppe der Maler, Bildhauer, Baumeister und Komponisten bildete einen integralen Bestandteil jedes politischen Machtzentrums. So sorgten die Höfe auch - vor allem über die Vergabe von Reisestipendien - für die Ausbildung junger künstlerischer Talente und waren mäzenatisch aktiv. Die so geleisteten Investitionen wurden ihnen, wurden der Gesellschaft insgesamt mit doppelter und dreifacher Münze zurückgezahlt.
Um 1800 begann eine neue Ära in der Geschichte der Kunst. In ganz Europa hatten sich die Machtverhältnisse grundlegend verändert. Adel und Klerus als traditionelle Auftraggeber künstlerischer Erzeugnisse fielen weitgehend aus. Künstler mussten ihre Produkte nun – schwierig genug! - auf einem freien Markt anbieten. Zunächst geschah dies im Pariser „Salon“, dessen Jury allerdings eine erhebliche, fortschrittsverhindernde Zugangshürde darstellte.
Heute stellen vor allem (private) Galerien und (öffentliche) Ausstellungsinstitutionen den Kommunikationsraum zwischen Kunst und allgemeinem Publikum zur Verfügung. Die Unterstützung jedoch, die es braucht, damit Kunst überhaupt entstehen kann, muss von denjenigen kommen, die in der Moderne die Rolle der Höfe übernommen haben: von staatlichen Institutionen und, vor allem, von der Wirtschaft. Heute haben vor allem die Unternehmen das Potential, aber letztlich auch die soziale Verpflichtung, der Kunst als dem letzten freien Experimentierfeld in unserer Gesellschaft die Bahn zu ebnen.
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