„Kunst hat mir neue Freiräume für mein persönliches und unternehmerisches Denken und Handeln eröffnet.“
September 2013
Karl Matthäus Schmidt
Vorstandsvorsitzender der quirin bank
Kunst im Unternehmen – wie passt das aus Ihrer Sicht zusammen?
Bei dem Erwerb eines Kunstgegenstandes möchte der Kunstliebhaber etwas Einzigartiges, Wertvolles erwerben. Es ist eine Herzensangelegenheit und eine sehr persönliche, emotionale Entscheidung. Die quirin bank lebt genau die Werte, die auch in der Interaktion zwischen Kunst und Kunstbetrachter entscheidend sind. Wir bieten unseren Kunden eine individuelle, auf seine persönlichen Lebensziele abgestimmte Beratung, die frei von versteckten ökonomischen Interessen ist. Geld ist dabei auch für uns als Bank letztlich nur Mittel zum Zweck – wenn es dem Erwerb von Kunst als Sachwert dient, umso schöner.
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Sie sind Teilnehmer bei „add art“ und zeigen Nachwuchskunst in Ihren Räumen. Warum haben Sie sich für die ausgewählten Künstlerinnen entschieden?
Die Auswahl ist uns nicht schwer gefallen. Beide Künstlerinnen und deren Arbeiten bestechen durch eine bemerkenswerte Reife und Qualität. Bei Theresa Volpp ist es die Sicherheit und der ganz eigene Stil des künstlerischen Ausdrucks, der in seiner Art bunter Scherenschnitte einer Retrospektive auf die 70er Jahre nahekommt. Bei Theresa Möller ist es die Komposition der Bilder, die Auswahl und gestalterische Umsetzung der Motive, die begeistert.
Was hat Sie bei der Auswahl der Künstlerinnen und Kunstwerke überrascht?
Überraschend ist, dass es zwei noch sehr jungen Künstlerinnen mit großer gestalterischer Sicherheit und einer jeweils eigenen Bildsprache gelingt, den Betrachter in den Dialog zu ziehen und zum Nachdenken anzuregen. Es sind Bilder, die im Kopf bleiben und Lust auf mehr machen. Ganz klar haben beide Künstlerinnen viel Potenzial und sind in ihrer Entwicklung sehr weit fortgeschritten.
Sie haben in Hamburg zudem einen Maler namens Otto Quirin ausfindig gemacht, mit dem Sie auch Ausstellungen planen. Wie reagierte er darauf, bei einer namensgleichen Bank ausgestellt zu werden?
Als aufmerksame Leser der regionalen Presse sind wir auf einen Artikel über Otto Quirin und sein Schaffenswerk gestoßen. Nach einer ersten Internet-Recherche haben wir die Namensgleichheit zum Anlass genommen, Herrn Quirin zu kontaktieren und ihn um ein persönliches Kennenlernen gebeten. Er zeigte sich im Hinblick auf die zufällige Namensgleichheit angenehm überrascht und war sofort offen und neugierig, uns persönlich zu treffen. Aus dieser persönlichen Begegnung ist eine Sympathie füreinander entstanden, welche in einer dauerhaften Kooperation mündete.
Gab es bei der quirin bank in der Vergangenheit Berührungspunkte mit Kunst?
Ja, wir sind ein junge Bank und wir fördern junge Künstler, schließlich verstehen wir uns selbst als eine Art „rule-breaker“ in der Finanzbranche. Von daher können wir uns mit Kunst auch unter dem Aspekt des Regelbruchs gut identifizieren. Wir haben im Jahr 2008 mit dem Projekt „Wertschätzung“ angefangen. Hier wurden im Berliner Galerienviertel neun Arbeiten von führenden zeitgenössischen Künstlern verschenkt! Jeder Besucher durfte das von ihm am meistgeschätzte Kunstwerk in Form eines Posters mitnehmen. Im Jahr 2011 haben wir unter dem Titel „Wertsache“ dieses Projekt im Rahmen des Berliner „Gallery Weekends“ mit anderen Künstlern nochmals wiederholt.
Welche Wirkung kann Kunst, die in Unternehmen hängt, Ihrer Meinung nach mit Blick auf Mitarbeiter sowie auf Kunden erzielen?
Die Rolle von Kunst kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Kunst inspiriert, lädt zum Dialog ein, sie bringt aber auch eine ganz klare Haltung, eine Position zum Ausdruck. Das ist mir persönlich sehr wichtig, denn ich möchte, dass auch wir als Bank mit einer klaren Haltung für Aufklärung, Transparenz und Fairness stehen und auch so wahrgenommen werden.
Was können Unternehmen von Künstlern lernen? Und was können Künstler von Unternehmen lernen?
Authentisch und wahrhaftig zu sein und eine klare Position zu beziehen – das können Unternehmen von Künstlern lernen. Gerade unsere Führungskräfte können zu Gestaltern werden, wenn sie aus ihrer Geschichte das entwickeln, was für Künstler selbstverständlich ist: eine kreative Haltung und Identität.
Künstler können lernen, wie Wirtschaftsunternehmen funktionieren und welchen wertschöpfenden Beitrag sie für das Funktionieren des Gemeinwesens leisten. Respekt vor der Welt des anderen ist mir sehr wichtig, insbesondere dürfen Künstler nicht instrumentalisiert werden, sondern müssen ihren Freiraum für Selbstentfaltung behalten.
Kunst spielt in Ihrer Familie eine wichtige Rolle: Ihr Vater hat einen Kunstverlag und sammelt Kunst, Sie selbst sind ebenfalls sehr kunstinteressiert. War Kunst in Ihrem Zuhause ein prägendes Thema?
Mein Elternhaus hat mich sicher sehr geprägt, denn mein Vater war einer der ersten in Deutschland, der bereits in den 60er Jahren das Thema zeitgenössische Kunst in die elterliche Bank gebracht hat. Außerdem ist er seit Jahrzehnten ein begeisterter Sammler, das wirkt natürlich ansteckend und hat mich mit vielen Künstlern in Berührung gebracht und mein Verständnis für moderne Kunst geprägt.
Gibt es bei Ihnen persönlich Berührungspunkte mit Kunst?
Ich sammle Kunst – besonders interessieren mich Fotografien, aber auch Arbeiten aus Holz, Metall und Ton. Ich habe früher als Schüler selbst handwerklich gearbeitet; das hat mir sehr viel Spaß gemacht und mir einen sehr persönlichen Zugang zur schöpferischen Tätigkeit von bildender Kunst vermittelt.
Prägt Kunst Ihr persönliches Handeln?
Kunst hat meinen Blickwinkel auf die Welt erweitert, ich würde sogar sagen, Kunst hat mir neue Freiräume für mein persönliches und unternehmerisches Denken und Handeln eröffnet. Ich finde es wichtig, das große Ganze zu sehen und neue Ideen zu entwickeln, die Menschen voranbringen. Dazu kann Kunst Anstöße liefern und ein wichtiger Impulsgeber sein, gerade in einer Zeit, die nur noch von Zahlen und einer zunehmenden Ökonomisierung geprägt zu sein scheint.
Welcher Künstler oder welches Kunstwerk inspiriert Sie persönlich ganz besonders?
Seit meiner Jugend beeindruckt mich der Künstler Hansjörg Voth. Schon als Kind habe ich seine Werke geliebt, darunter die Zeichnungen, aber insbesondere auch seine Kunstaktionen in der freien Natur und vor allem die Bauwerke in Marokko. Dazu gehört etwa die „Himmelstreppe“, ein Lehmbauwerk in Form eines Dreiecks mit 52 Treppenstufen, die zu einer Plattform unterhalb der Spitze des Bauwerks führen. Von dieser Ebene erreicht man zwei untereinanderliegende Räume, in denen ich auch schon selbst wohnen durfte. Ein großartiges Erlebnis mitten in der Wüste unter Nomaden und dem intensiven Sternenhimmel zwischen Atlas und Sahara. Auch die „Goldene Spirale“ und die „Stadt des Orion“ gehören zu Voths Werken. Ihm ist es gelungen, die Traditionen des Landes aufzunehmen und mit europäischem Gedankengut und Kunstverständnis zu verschmelzen.
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