„Es würde etwas Wichtiges bei uns fehlen, wenn es die Kunst nicht gäbe.“
September 2018
Dr. Michael Schäfer
Partner Chatham Partners
Kunst im Unternehmen – wie passt das aus Ihrer Sicht zusammen?
Kunst prägt ganz wesentlich die Atmosphäre in den Räumen eines Unternehmens. Sie ist auch Ausdruck der Unternehmenskultur, sie kann das Unternehmen in einen Kontext setzen. Modern oder klassisch, kreativ oder langweilig, minimalistisch, expressiv, provokativ oder beruhigend – es sind fast alle Aussagen möglich, die zum Unternehmen passen oder – auch damit kann man spielen, einen bewussten Kontrast ausmachen. Kurz: Kunst und Unternehmen passen wunderbar zusammen.
Welchen Stellenwert hat Kunst in Ihrem Unternehmen?
Die Kunst, die wir zeigen, nimmt bei uns einen vergleichsweise hohen Stellenwert ein. Sie soll und muss nicht jedem gefallen – weder extern noch intern, und wir finden es sehr gut, wenn sie Anlass zum Nachdenken und zur Diskussion bietet.
Wie wählen Sie die Kunst aus, die in Ihren Räumen ausgestellt wird?
In erster Linie geht es darum, dass mir die Kunst gefällt. Gut finde ich auch, wenn sie zum Nachdenken anregt. Kunst ist eine Form der Kommunikation, die allerdings ganz anders funktioniert als die Art von Kommunikation, die Anwälte professionell pflegen. Folgt man diesem Gedanken, so eignet sich aus meiner Sicht jene Kunst besonders gut für Kanzleien, die den Aspekt der „verschiedenartigen“ Kommunikation besonders gut zum Ausdruck bringt. Bei der Auswahl von Kunst ist auch wichtig, dass es keinen Abstimmungsprozess über die Auswahl der Kunstwerke gibt. Es mag merkwürdig klingen, ich bin aber der Ansicht, dass „demokratisch ausgewählte“ Kunst oft Gefahr läuft, beliebig oder gar langweilig zu werden.
Sie sind auch im Privaten stark engagiert für die Kunst, zum Beispiel über den Verein „Neue Kunst in Hamburg“ oder durch Atelieraufenthalte, die Sie Künstlern privat ermöglichen. Welches sind Ihre Beweggründe, gibt es thematische Schwerpunkte?
Mich fasziniert der Blick junger Künstler auf unsere Zeit, die Fragen, die sie beschäftigen oder auch nur die Ästhetik minimalistischer Arbeiten. Eigentlich interessiere ich mich für alles, was mich anspricht. Aber einen gewissen Schwerpunkt gibt es bei mir vielleicht: Ich interessiere mich sehr für Kunst, welche die herkömmlichen Disziplinen wie Bildhauerei, Malerei und Fotografie verwischt und nach neuen, häufig surreal wirkenden Ausdrucksformen sucht.
Hat die Kunst in der Kanzlei auch das Interesse der Mitarbeiter wecken können?
Manche Arbeiten provozieren Mitarbeiter oder Mandanten. Aber wir finden es gut, wenn die Kunst Anlass zum Gespräch oder auch nur zu einer Positionierung der eigenen Wahrnehmung gibt. Ich glaube, dass die Kollegen die Kunst ganz überwiegend als anregend empfinden – selbst wenn einzelne Arbeiten vielleicht abgelehnt werden. Es würde etwas Wichtiges fehlen, wenn es die Kunst nicht gäbe. Tatsächlich glaube ich, dass die Kunst in der Kanzlei auch das Interesse der Kollegen an Kunst und Künstlern weckt. Wir haben mit einer gewissen Regelmäßigkeit auch Künstler bei uns zu Gast, deren Kunst wir in der Kanzlei ausstellen. Einige Kollegen sind sogar schon Mitglied in Kunstinstitutionen wie dem Verein „Neue Kunst in Hamburg“ geworden.
Wie reagieren Mandanten auf die Kunst in Ihrer Kanzlei?
Sehr, sehr unterschiedlich, und das ist auch gut so!
Was braucht es, um das Engagement für Kunst und Kultur nachhaltig in einem Unternehmen zu verankern: strategisch festgelegte Richtlinien oder eher einzelne Führungspersonen, die sich mit Leidenschaft der Kunst und Kultur verschrieben haben?
Am Ende braucht es eine oder mehrere Personen, die sich verantwortlich fühlen und auch Freude an der Kunst haben. Ich persönlich halte auch wenig von Kunstagenturen, die „passende Kunst“ fürs Unternehmen liefern.
Sie sind ein gutes Beispiel dafür, nicht viel Aufhebens um das kulturelle Engagement zu machen – wäre es nicht besser, unternehmerisches Engagement noch etwas stärker öffentlich zu machen, um Impulse für andere Unternehmen zu setzen?
Das sollte jeder für sich selbst entscheiden. Für manche Unternehmen mag es gut sein, das eigene Engagement stärker in die Öffentlichkeit zu tragen. Wir haben uns nicht dafür entschieden. Vielleicht liegt das an unserer Branche – Rechtsberatung ist ja ein traditionell diskretes Geschäft.
Was können Unternehmen von Künstlern lernen? Und was können Künstler von Unternehmen lernen?
Kunst und Künstler können neue Perspektiven eröffnen. Sie können auch Stimmungen erzeugen, Dinge in Frage stellen oder auf neue Weise bestätigen, Anlass zum Nachdenken oder Gespräch geben, manchmal sogar die eigene Kreativität anregen. Künstler suchen und brauchen eine Plattform, damit ihre Kunst wirken kann. Neben Museen – die ja nicht allen Künstlern zur Verfügung stehen – und Galerien können hier Unternehmen einen wichtigen Beitrag liefern.
Welcher Künstler oder welches Kunstwerk inspiriert Sie persönlich ganz besonders?
Da gibt es eigentlich mehr als eine Arbeit oder einen Künstler. Ich bin zum Beispiel begeistert von den Arbeiten von Thorsten Brinkmann, der es schafft, von der Gesellschaft ausgesonderten Gegenständen eine neue, fast unheimliche Ästhetik zu verleihen und dabei vielfach noch klassische Kunst zu zitieren. Oder von der enormen Vielseitigkeit von Thomas Baldischwyler, der es dennoch vermag, sich selbst treu zu bleiben.
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