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Justus Duhnkrack

„Die Produzentengalerie könnte in Zukunft wieder ein Erfolgsmodell werden.“

Oktober 2013

Justus Duhnkrack

Geschäftsführer gallerytalk.net

In Hamburg tut sich was – letztes Jahr startete erfolgreich die Affordable Art Fair, in diesem Jahr kam die Kunstmesse P/ART dazu, im November startet noch die Initiative add art Hamburg: Was bewirkt das für Hamburg, was sagt das über den Kunststandort Hamburg aus?

Es ist richtig, dass im Augenblick viel in Hamburg entsteht. Allerdings muss man hinzufügen, dass die notwendige Finanzierung dieser Formate weiterhin auf tönernen Füßen steht. Natürlich kann man immer über fehlende öffentliche Gelder klagen. Aber vor allem die Aufgeschlossenheit und Konsumfreude einer breiten Menge konnte – anders als in der Hauptstadt – noch nicht gewonnen werden, so dass der Kunstverkauf weiterhin stockt. Deshalb kann bedauerlicherweise nicht damit gerechnet werden, dass die aktuellen Formate alle dauerhaft überstehen werden, wenn sich das nicht substanziell ändert.

Auf der Affordable Art Fair sowie der P/ART in Hamburg sah man erfreulich viele junge Kunstinteressierte. Ist die stille Reflexion vor einem Gemälde noch zeitgemäß oder zählt heute und in Zukunft eher die gesellige Kunstbetrachtung im größeren Format?

Ich denke, Kunst als Kommunikationsmöglichkeit und Ausstellungen als eine dafür anregende Plattform zu sehen, ist im Sinne aller Ausstellungsmacher. Gerade zeitgenössische Kunst lebt von Diskurs und Austausch. Dass ab und an eine intensive Auseinandersetzung mit den Arbeiten darunter leidet, muss man in Kauf nehmen. Dennoch ist es noch nicht gelungen, Hemmschwellen abzubauen, sich führen zu lassen. Alle jüngeren Formate bemühen sich außerordentlich, Besucher in die Rezeption der Kunst einzuführen: Von Führungen, Gesprächen, Partizipation, von jungen Kunstvereinen bis zum Workshop wird viel versucht, aber noch nicht alles angenommen.

Sie betreiben ein Onlinemagazin für zeitgenössische Kunst, bei dem unter anderem Ausstellungen in Galerien einen Schwerpunkt bilden. Hat das Modell der klassischen Galerie langfristig noch Bestand?

Ich denke schon. Der Erfolg einer Galerie beruht maßgeblich auf dem Vertrauen des Sammlers zum Galeristen. Jeder Galerist, der sich einen Namen mit anregenden Ausstellungen macht und weiß, wie er anderen die Freude am Ausdruck durch Kunst vermittelt, kann der Türöffner zwischen Künstler und Konsumenten sein.

Wie wird Kunst Ihrer Meinung nach in 10, 20 Jahren überwiegend vermittelt und verkauft?

Was früher aus der Not entstand, könnte in Zukunft eine Tugend werden. Von Künstlern betriebene Galerien, die sich selbst und andere vermarkten, sind den bereits erwähnten Galeristen gewichen. Warum? Aufgrund mangelnden Erfolgs. Vielen Künstlern gelingt die notwendige Kommunikation mit dem Käufer nicht. Mittlerweile sind jedoch die Möglichkeiten, sich zu präsentieren, vielfältiger geworden. Wenn an den Hochschulen noch mehr über Selbstvermarktung und Verkaufsstrategie gelehrt wird, könnte die Produzentengalerie in Zukunft wieder ein Erfolgsmodell werden.

Auch die Kunstberichterstattung geht neue Wege durch Digitalisierung, Social Media etc. Was ist jungen Kunstinteressierten wichtig, wenn sie sich über Kunst informieren wollen?

Bei gallerytalk.net setzen wir auf zwei Faktoren. Zum einen verbinden wir in unserer Berichterstattung etablierte Ausstellungshäuser mit jungen Galerien und temporären Flächen, die nicht die ganz große Bühne beanspruchen. Zum anderen bauen wir auf überregionale Verknüpfung mehrerer Städte. So sprechen wir auch all diejenigen an, die viel unterwegs sind, und bieten eine umfassende Informationsgrundlage, den Einstieg in eine andere Stadt über die Kunst zu schaffen. Meine Kollegin Anna Meinecke ist selbst erst vor rund einem Jahr nach Berlin gezogen. Gemeinsam mit ihrem Autoren-Team arbeitet sie dort an der Kunstseite, die sie damals gerne gelesen hätte. Orientierung ist gerade in der Hauptstadt der Ausgangspunkt die künstlerische Szene zu erfassen.

Kunst und Wirtschaft – wie passt das aus Ihrer Sicht zusammen? Wie können beide Seiten voneinander „profitieren“?

Das eine schließt das andere nicht aus. Die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen. Der Kunst könnte eine Ökonomisierung manchmal ganz guttun, genauso wäre ich erleichtert, künstlerische Ansätze in der Wirtschaft zu entdecken. Was zunächst schwer vorstellbar und absurd klingt, fängt mit dem Austausch von Grundlagen an. Offene Kommunikation und Wertvorstellung assoziiere ich beispielsweise mit der Kunst. Ressourceneffizienz und Strategie sind in erster Linie Begriffe aus der Wirtschaft. Diese Aspekte vermehrt im jeweils anderen Kontext zu sehen, wäre ein Brückenschlag und könnte zu neuen Ergebnissen führen.

gallerytalk.net ist ein Onlinemagazin für zeitgenössische Kunst, das aus den künstlerischen Szenen in Berlin, Hamburg, Nürnberg und München berichtet. www.gallerytalk.net

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