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Jörg Winkler

„Kunst als Wertanlage hat sichtbar an Bedeutung gewonnen.“

Oktober 2019

Jörg Winkler

Regionaldirektor Helvetia Versicherungen

Welche Berührungspunkte gibt es bei der Helvetia mit dem Thema Kunst?

Viele und sehr intensive! Wir sind sicherlich der bedeutendste Kunstversicherer in der Schweiz und haben dort viele kulturelle Projekte, Förderungen und Kooperationen mit renommierten Museen, wie der Kunsthalle Basel. In unserer Direktion stellen wir regelmäßig in öffentlichen Foren junge und bedeutsame Künstler vor, mit einer Prämierung, die jährlich vergeben wird. Und 2020 kommen wir mit einem besonderen Kunstprojekt nach Hamburg.

Wie entstand die Kunstsammlung der Helvetia, welche thematische Ausrichtung gibt es?

In 161 Jahren Helvetia  kommt einiges zusammen. In früheren Zeiten haben Vorstände mit einem gewissen „Faible“ mit der Sammlung begonnen, und mit der Integration der Nationale Suisse als bedeutsamer Kunstversicherer ist unser „Archiv“ gut angewachsen. Thematisch ist die Sammlung breit aufgestellt und hat sicherlich immer wieder auch die Zeitgenossen berücksichtigt, wie die „jungen Wilden von heute“.

Ist Kunst in sämtlichen Geschäftsstellen der Helvetia zu finden?

Überall in unseren sechs europäischen Ländergesellschaften „hat‘s Kunst“, aber auch dezentral, wie in unseren Hamburger Büros. Dort gibt es Pop-Art des Hannoveraner Künstlers „Della“ mit Motiven aus dem Norden wie Sylt natürlich, aber auch Themen wie Fußball und Kunstsymbole Norddeutschlands.

Mit Blick auf eines Ihrer Tätigkeitsfelder, die Kunstversicherung: Welche Herausforderungen gibt es, um Kunst zu versichern?

Dafür braucht es Experten – und zwar weniger den Versicherungsfachmann als vielmehr den Kunsthistoriker. Wir haben mit Stephan Schwarzl – er ist beispielsweise beim Format „Lieb & Teuer“ beim NDR zu sehen – zudem einen sehr bekannten Kunstsachverständigen aus diesem wirklich exklusiven und kleinen Kreis von Fachleuten. Seine Expertise entscheidet und glauben Sie mir, das Versicherungsthema ist bei den meisten Besichtigungen nicht das zentrale Thema. Und es geht auch schon mal um 100 Millionen Euro und mehr.

Wo sehen Sie größere zukünftige Veränderungen mit Blick auf das Versichern von Kunst?

Der Markt verändert sich, auch online ist ein Thema. Aber der Großteil geht über die Galerien. Kunst als Geld- und Wertanlage, als Spekulation, hat sichtbar an Bedeutung gewonnen. Das zeigen uns regelmäßig die großen Auktionshäuser mit den teuersten Kunstwerken bei den jährlichen Auktionen – und das oftmals von Künstlern, die noch weitgehend unbekannt waren. Kunst wird mehr und mehr „gemacht“ und ist nicht nur immer das, was gefällt.

In Hamburg fördern Sie die Digitalisierung wertvoller Atlanten und Karten aus den Beständen der Handelskammer Hamburg, die 2008 in die neu gegründete Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv eingebracht wurden. Wie kam es dazu und was beinhaltet das Projekt?

Am Anfang stand eine ganz witzige Geschichte: Wir hatten ein internationales Management-Meeting in Hamburg und ich hatte bei der Handelskammer eine Führung organisiert. Im Archiv fanden sich die Schweizer in jahrhundertealten Atlanten sofort wieder: da ist mein Haus, dort mein Wald, auf diesem Hügel steht das Haus meiner Eltern. Alles so wie vor 300 Jahren. Die Schwyz hat sich geografisch beziehungsweise kartografisch eben kaum verändert. Und schon kam die Story zu den richtigen Menschen in Basel, die solche Digitalisierungsprojekte schon mit großen Museen in der Schweiz umgesetzt haben. Für 2020 planen wir nun gemeinsam mit der Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv eine große interaktive Ausstellung in der Handelskammer zum Thema „Fake News“.

Inwiefern „Fake News“?

Ja, das ist wirklich spannend zu sehen: Gerade Karten lassen aufzeigen, wie zum Teil sehr bewusst falsche Informationen erzeugt und anschließend tradiert wurden. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde beispielsweise Kalifornien auf Karten als Insel dargestellt, obwohl das Gegenteil aufgrund von Reiseberichten schon lange bekannt war.

Inwieweit wirkt sich Ihr Engagement für die Kunst möglicherweise auch auf Ihre Mitarbeiter sowie auf Kundenbeziehungen aus?

Ich sage „positiv“ – natürlich lässt sich das nicht wirklich messen in Kennzahlen oder Euro. Aber das Image, die Atmosphäre, alles was mit Kunst zu tun hat, bringt uns in eine positive Grundstimmung. Das ist gut für Mitarbeiter und Kunden.

Kaufen Sie selbst Kunst? Wie und wo lassen Sie sich für den Kauf von Kunst inspirieren?

Tatsächlich ja. Vornehmlich im Urlaub, regionale Künstler, Malerarbeiten, Landschaften und Karten, Atlanten von historisch bis moderner Hochglanzdruck. So etwas begeistert mich. 

Welcher Künstler oder welches Kunstwerk inspiriert Sie persönlich ganz besonders, und warum?

Schwere Frage... meine Liebe zur Bretagne hat mich ins Künstlerdorf Pont Aven geführt. Da bin ich ein Stück weit beim Impressionismus oder Synthetismus und Gaugin hängen geblieben: herrliche Farbspiele, für mich sehr ausdrucksvolle und klare Kunst, die ich sehr mag – auch wenn ich sie mir nicht wirklich leisten kann.

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